Laufend Orientiert – Teil 2: Routenwahl

Willkommen bei „Laufend Orientiert“, dem neuen Fortbildungsblog von Orienteering Austria!

Der Orientierungssport ist mehr als nur Bewegung mit Karte und Kompass – er ist ein Zusammenspiel aus Technik, Ausdauer, mentaler Stärke und taktischer Entscheidungsfindung. Doch wie können diese Bereiche gezielt verbessert werden? Welche Methoden haben sich bewährt und welche Einblicke helfen, die eigene Leistung auf das nächste Level zu bringen?

Mit diesem Blog bieten wir Orientierungsläufer:innen aller Niveaus eine Plattform für praxisnahes Wissen. Laufend Orientiert bietet regelmäßig spannende Beiträge rund um den Orientierungssport. Jede Serie greift ein Schwerpunktthema auf, das von erfahrenen Athlet:innen, Trainer:innen oder Expert:innen beleuchtet wird. Ob persönliche Erfahrungen, wissenschaftlich fundierte Ansätze oder taktische Überlegungen – hier findest du praxisnahes Wissen, das dich weiterbringt.

Neugierig? Dann bleib dran und verpasse keinen Blog-Beitrag!

 

 

Teil 2: Routenwahl: Die Kunst der Entscheidung

Eine Routenwahl dauert oft nur wenige Sekunden – doch sie kann über Minuten entscheiden. Im Gelände wie auch im Sprint ist sie ein zentraler Bestandteil des Orientierungslaufs. Und obwohl wir sie bei jedem Lauf unzählige Male treffen, bleibt sie eine Herausforderung: Wie wählt man die optimale Route?

Im Austausch mit Weltklasse-OLer:innen zeigt sich, dass eine gute Routenwahl weit mehr ist als ein Bauchgefühl. Sie ist ein Balanceakt aus Erfahrung, Geländeanalyse und strategischem Denken.

Analyse beginnt vor dem Lauf

Einige Athlet:innen betonen, dass die Entscheidung bereits mit dem Wissen um das Gelände beginnt. Wie Kerschi festhält, macht es einen Unterschied, ob man in skandinavischem Gelände mit feinen Höhenlinien unterwegs ist oder im kontinentaleuropäischen Raum mit vielen Wegen und detailreichen Karten. Auch Olli Ojanaho betont die Bedeutung von Erfahrung in verschiedensten Geländetypen: Je besser man die Eigenheiten eines Geländes kennt, desto schneller und sicherer trifft man gute Entscheidungen.

Höhenmeter und Belaufbarkeit – oft unterschätzt

Mehrere Läufer:innen betonen den oft vernachlässigten Faktor Höhenmeter, unter anderem Simona Aebersold und Matthieu Bührer. Der Schweizer spricht etwa davon, wie leicht man Steigung unterschätzt – und wie stark das die Laufzeit beeinflussen kann. Sein Tipp: Keine Route wählen, ohne sich den Anstieg bewusst gemacht zu haben. Das gilt besonders bei Langdistanzen, wo eine vermeintlich „sichere“ Route mit zu vielen Höhenmetern am Ende mehr Kraft kostet als eine direktere Linie.

Auch Belaufbarkeit ist ein wiederkehrendes Thema: Wie gut lässt sich der Boden auf der Route tatsächlich laufen? Jannis Bonek stellt sich genau diese Frage – neben der technischen Einfachheit: Je einfacher die Navigation auf der Route, desto schneller kann man sich bewegen.

Rückwärts denken – intuitiv handeln

Kerschi empfiehlt, die Routenwahl „rückwärts“ zu denken: Also sich vom kommenden Posten rückwärts zur aktuellen Position zu arbeiten. So lassen sich schwierige Passagen besser antizipieren.

Im Sprint hingegen, so unter anderem laut WOC-Medaillengewinnerin Andrine Benjaminsen, kommt es auf blitzschnelle Entscheidungen an – hier ist Intuition gefragt. Um diese zu trainieren, helfen Spiele und mentale Übungen, etwa Online-Routenwahl-Tools oder Sprintkarten-Vorbereitungen. Ebenso wurde über die Sprint-Routenwahl folgendes geteilt: “Choosing shortest distance (except if very wiggly or if there are steep climbs/stairs). If you can’t decide which route is shorter, then choose either, bit just choose quickly.”

Erfahrung schlägt Theorie

Der gemeinsame Nenner aller Aussagen? Erfahrung schlägt Theorie. Viele Entscheidungen lassen sich am Papier nicht perfekt simulieren. Erst durch viele Läufe in verschiedenen Geländen, durch Fehler und Vergleiche wird das eigene Gefühl für die beste Route geschärft. Olli bringt es auf den Punkt: „Wenn ich denke, dass eine technisch schwierige Route schneller ist, nehme ich sie – weil ich ja auch die saubere Ausführung der Route selbst unter Kontrolle habe. Zeit freiwillig zu verschenken, ist keine Option.“

Fazit

Ob Sprint oder Wald, direkt oder außen herum – die beste Routenwahl ist selten eindeutig, aber immer entscheidend. Sie lebt vom Lernen, vom Ausprobieren und vom Reflektieren. Oder wie ein Läufer es ausdrückte: „Manchmal zahlt sich ein Umweg aus – zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.“

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Teil 1: Technik, die zum Sieg führt: Einblicke von den Weltbesten!

Im Orientierungssport spielen viele technische Aspekte eine entscheidende Rolle für den Erfolg. Internationale Top-Athlet:innen teilen ihre wichtigsten Erkenntnisse, die ihre O-Technik am meisten verbessert haben.

Ein zentraler Punkt, der immer wieder genannt wird, ist die Bedeutung der richtigen Planung und Vorbereitung im O-technischen Sinne. Olli Ojanaho, WOC-Bronze-Medaillist, betont: „I would say just getting better at the basic things, such as always having a good plan where to go and what to expect during the next few hundred meters and quickly checking the direction every time I read the map.“ Eine klare Vorstellung also von den bevorstehenden Augenblicken.

Gleichzeitig werden immer wieder der Automatismus und die Fähigkeit, auf Routinen zurückzugreifen, als wichtig hervorgehoben. Gernot „Kerschi“ Ymsen, der bei einer EM Bronze für Österreich holen konnte, betont den Begriff „‚Autobility‘ – eine Kombination aus Automatismen (Routinen) unter beibehaltung der Flexibilität.“ Das bedeutet, dass durch regelmäßiges Training bestimmte Abläufe automatisiert werden müssen, dabei aber eine gewisse flexibilität erhalten bleiben soll, um auf unvorhergesehene Herausforderungen reagieren zu können.

Ein weiterer häufiger Hinweis ist, dass es nicht nur um das bloße Vorauslesen der Karte geht, sondern auch um das richtige Maß an Vorausdenken. Andreas Waldmann, mehrfacher MTBO-Medaillengewinner, beschreibt es so: „Das richtige Maß an Vorauslesen: Zu wenig ist fehleranfällig, zu viel blockiert geistige Kapazität.“

Neben der mentalen Vorbereitung und der Planung spielt das Verständnis des Geländes eine entscheidende Rolle. Matthieu Bührer, aktueller Junioren-Weltmeister, erklärt: „Ich denke, für mich war es das Verständnis des Reliefs und der Höhenkurven. Eine klare Vorstellung von der Form des Geländes zu haben – ob es bergauf oder bergab geht, ob man flach bleiben muss – ist entscheidend und hilft, viele grobe Fehler zu vermeiden.“ Er präzisiert auch sein Vorhaben für die Zukunft: „Meiner Meinung nach muss man sich die Zeit nehmen, diese Kurven zu verstehen, das ist eine Zeit, die man investieren muss. Am Anfang sehr bewusst, dann wird es zu einem Reflex werden. Bei mir ist es noch nicht zu einem vollständigen Automatismus geworden, aber ich arbeite daran. Mein Ziel ist es, nie den vorherigen Arbeitsplatz zu verlassen, ohne die Höhenlinien verstanden zu haben.“

Für einige Athlet:innen ist die Vielseitigkeit in verschiedenen Terrains ein weiterer wichtiger Faktor. „Training and competing in different kind of terrains„, verrät eine mehrfache WOC-Medaillen-Gewinnerin ihr Geheimnis, wie sie beim OL immer besser wurde.

Abschließend lässt sich sagen, dass die besten Orientierungsläufer:innen ihre Technik kontinuierlich weiterentwickeln, indem sie oftmals ihre Grundlagen perfektionieren und ein tiefes Verständnis für das Gelände und die Karte entwickeln. Es geht darum, Automatisierung mit Flexibilität zu kombinieren und immer wieder aufs Neue die richtige Balance zwischen diesen vermeintlichen Gegensätzen zu finden.

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